Die Welt des Donald Trump

Veröffentlicht am
10. September 2025
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Trumps versuchte Übernahme der Fed zeigt womöglich, was er mit seiner Wirtschaftspolitik erreichen will: starkes nominales Wachstum zwecks Schuldenabbau.

Fast alle der zahlreichen politischen und wirtschaftlichen Ereignisse dieses Jahres haben mit Donald Trump zu tun. Der allmächtige US-Präsident hält seine – teilweise exzentrischen – Wahlversprechen und setzt in seinem Elan neue Ziele für seine Amtszeit. Im Folgenden nehmen wir Trumps Handlungen unter die Lupe, um zu verstehen, welcher Sinn dahintersteckt. Natürlich kann es sich dabei nur um eine mögliche Interpretation handeln, die nichts darüber aussagt, was als Nächstes geschehen kann.

Das Jahr 2025 begann mit dem „Deepseek Day“, der die Welt daran erinnerte, dass die Entwicklung Künstlicher Intelligenz (KI) zumindest in gewissem Umfang auch außerhalb der USA stattfinden kann – nämlich in China. Die Aktienmärkte der Industrieländer standen unter Schock, Nvidia verlor zwischen Januar und April mehr als 40 Prozent seines Wertes, bevor er sich innerhalb von vier Monaten beinahe verdoppelte. Die Begeisterung für KI hält bis heute an; für die anderen Anlagethemen bleiben lediglich die Reste. Sie ist wie eine Welle, die alles mit sich reißt – außer Trump!

Der „Zelensky Day“, die live im Fernsehen übertragene Demütigung des ukrainischen Präsidenten durch die Trump-Regierung, hat Deutschland vor Augen geführt, dass es sein militärisches und wirtschaftliches Schicksal wieder selbst in die Hand nehmen muss. Denn mit der deutsch-amerikanischen Freundschaft ist es offenbar vorbei. Europa ist erschüttert, aber zu schwerfällig und unflexibel, um sich in Bewegung zu setzen. Einige Tage später kam es zum „Liberation Day“, und die Welt fragte sich, was mit ihr geschehen war: Wer hat das Recht, die Vorteile der Globalisierung zunichte zu machen? Seit Juli sind die neuen US-Zölle in Kraft. Trump hat dabei keinen Rückzieher gemacht1, sondern lediglich sein Verhandlungsgeschick unter Beweis gestellt. Die entsprechenden Erfolgsrezepte, versammelt in seinem Buch „The Art of the Deal“, haben sich mehr als 1,1 Millionen Mal verkauft2. Nachdem Trump seine Gesprächspartner mit angedrohten Zöllen in Höhe von 60 Prozent schockiert hatte, erhielt er ohne größere Widerstände die Zustimmung zu einem Zollsatz von 15 Prozent. Es war ausgerechnet die strenge EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen, die klein beigab. China ist klar geworden, dass seiner Exportpolitik plötzlich Widerstand entgegengebracht wird. Das Land hat sich daher verpflichtet, gegen den Deflationsdruck vorzugehen, den es durch seine industrielle Überproduktion auf die Welt und sich selbst ausübt. Zu Beginn des Sommers bombardierte die US-Armee iranische Nuklearanlagen, ohne damit einen Flächenbrand im Nahen Osten auszulösen. Im Schatten dieser medienwirksamen Ereignisse kommt die Einwanderung in die USA zum Erliegen, Erdöl und US-Dollar verlieren an Wert, Steuersenkungen und Deregulierung stehen bevor. Trump setzt seine Wahlversprechen um. Versprochen ist versprochen – und wird tatsächlich nicht gebrochen, wenn man einmal von den vierundzwanzig Stunden absieht, die ausreichen sollten, um den Krieg in der Ukraine zu beenden. Putin widersetzt sich Trump und verbündet sich mit Xi und Modi. Bahnt sich eine neue Weltordnung an?

Trump macht nicht bei seinen Versprechungen halt: Er entlässt hohe Beamte, die sich seiner Sache nicht ausreichend verschrieben haben, und steigt günstig in Unternehmen ein, die staatliche Subventionen oder umfangreiche öffentliche Aufträge erhalten. Wird nach Intel der Verteidigungssektor das nächste Opfer seiner Suche nach neuen Haushaltsmitteln sein, die neben den Zolleinnahmen zur Finanzierung künftiger Steuersenkungen beitragen sollen? Das gewagteste und potenziell folgenreichste Vorhaben des US-Präsidenten ist sein Versuch, die US-Notenbank (FED) und damit die Geldpolitik unter seine Kontrolle zu bringen – ähnlich wie in vielen Schwellenländern. Warum greift Trump eine Institution an, deren Unabhängigkeit von allen außer ihm gewollt wird? Tatsächlich wurde Trump zu einem großen Teil aufgrund seiner Kritik an der Inflation unter Biden gewählt. Doch was lässt sich beobachten jenseits seines Engagements zur Senkung der Ölpreise, dessen Auswirkungen nun offenbar hinter uns liegen? Die von Trump angestrebte effektive Dollarschwäche schiebt die Inflation an, genau wie die Ansiedlung großer ausländischer Industrieunternehmen auf amerikanischem Boden und die Deglobalisierung. Verstärkte deutsche Investitionen in den USA oder die chinesische Politik gegen die Deflation werden sich inflationär auswirken; der Einwanderungsstopp, die Zollanhebungen und die „Verstaatlichungen“ weisen in Richtung Stagflation3. Und insbesondere eine Übernahme der Zentralbank würde die Inflation begünstigen – schließlich ist schwer vorstellbar, dass die Fed unter Trumps Einfluss eine restriktive, das Wachstum in den USA dämpfende Geldpolitik betreiben würde. Was ist der Sinn hinter diesem ungerichteten wirtschaftlichen Aktivismus des amerikanischen Präsidenten, den viele Beobachter von vornherein für völlig sinnentleert halten?

Die Pax Americana4, die den Verbündeten der USA militärischen und wirtschaftlichen Schutz im Austausch für die Finanzierung des durch diese „Großzügigkeit“ verursachten Zwillingsdefizits des Landes bot, funktioniert für die Mittelschicht nicht mehr. Denn obwohl in den USA schon lange Vollbeschäftigung herrscht, ist die Kaufkraft der Mittelschicht seit mehreren Jahrzehnten rückläufig und der soziale Abstieg ist für Millionen von Trump-Wählern Realität: das Unglück der Globalisierung. Trumps Plan scheint in einem Rückzug der USA aus der Welt zu bestehen, begleitet von der Inszenierung eines starken nominalen Wachstums, das sich aus realem Wachstum und erhöhter Inflation zusammensetzt. Dieser wirtschaftspolitische Wandel könnte den Verschuldungsgrad senken, nachdem eine lange Phase schwachen Wachstums und äußerst niedriger Zinsen in dieser Hinsicht alles andere als erfolgreich war. An diesem Punkt sollten wir uns die Worte von Scott Bessent5 in Erinnerung rufen: „Der Fokus von Trumps Politik liegt auf der Mittelschicht („Main Street“); die Wall Street wird schon gut für sich selbst sorgen.“ Kaufkraft statt Börsenboom, wie in den „Trente Glorieuses“ in Frankreich, in denen eine hohe Inflation den Aufstieg der Mittelschicht nicht berhinderte? Das scheint wohl das Ziel zu sein. Wir werden sehen. Das Tempo, in dem der Dollar zurückgeht und die Anleihezinsen steigen, dürfte ein Indikator für den künftigen Erfolg oder Misserfolg dieser explosiven Wirtschaftspolitik sein.

1Im Zeitraum zwischen der Androhung von Zöllen in Höhe von 60 Prozent am Liberation Day im April und deren tatsächlicher Einführung auf einem niedrigeren Niveau von 15 Prozent glaubten viele, dass Trump sein Besteuerungsvorhaben aufgegeben habe.
2Quelle: CBS News, 2016.
3Das gleichzeitige Auftreten von Inflation und wirtschaftlicher Abschwächung.
4Der Begriff „Pax Americana“ bezeichnet eine Zeit relativer Stabilität unter weltweiter Vorherrschaft der USA nach dem Zweiten Weltkrieg, in Anlehnung an die Pax Romana des Römischen Reiches.
5Der US-Finanzminister auf dem Washington Summit der American Bankers Association in Washington, D.C. am 9. April 2025.

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